In den letzten Wochen hatte ich sehr verschiedene Erlebnisse mit Schulen: In einer Schule wurde zusätzlicher Englisch-Unterricht in der Mittelstufe von einem externen Anbieter für einen hohen Eurobetrag beworben – Dies sei ein lohnende Investition, da es wichtig sei, dass die Kinder in der heutigen Welt ein gutes Englisch sprechen lernen. Ich frage mich dabei aber, was das Ziel des schulischen Englischunterrichts ist. Dieses „externe Angebot“ klingt für mich nach einer Bankrott-Erklärung des Regelschulsystems.
Gleichzeitig durfte ich engagierte Pädagoginnen und Pädagogen – ebenfalls an einer Regelschule – kennenlernen, die Neues wagen und in ihren Klassen mithilfe des Churer Modells, den Kindern mehr Eigenverantwortung und Selbstbestimmung im Lernen ermöglichen. Grundlage ist ein Zutrauen in die Lernfreude der Kinder und ein Abschied von alten Konzepten von Schule und Unterricht. Durch eine verkürzte Inputphase bleibt den Kinder viel mehr Möglichkeit den Inhalt in einer selbstgewählten Arbeitsform (Einzel- oder Gruppenarbeit) in unterschiedlichen Differenzierungsgraden zu vertiefen.
Das Bild der kleinen Segelboote im Schlepp des Motorbootes steht für mich für die Schule alter Prägung: Die Lehrkraft vorneweg, die Kinder werden mitgezogen oder auch „durchgeschleppt“. Es kostet die Lehrkraft unglaublich Kraft und Energie. Der Freiraum der Kinder ist sehr begrenzt – Eigenverantwortlichkeit und Selbstwirksamkeit können sich darin nicht entwickeln. Und das obwohl alle Kinder ihre eigenen Antriebe – die Segel – mit dabei haben, die hier aber eher bremsen.
Wie anders schaut die Situation aus, wenn die Kinder „von der Leine gelassen werden“:
Kompetente Kinder, die ihre Entwicklung selbst aktiv voranbringen und die Welt eigenständig erforschen. Dabei dient die pädagogische Fachkraft als Begleiter des Lernprozesses und als Forschender.
Eigener Antrieb, Individualisierung und Binnendifferenzierung sind die Schlüsselbegriffe dazu. Mit diesen Schritten kann Schule in einen Lernort umgewandelt werden. In diesem Konzept hat Begabungsförderung einen ganz selbstverständlichen Platz. Ich wünsche mir viele mutige Pädagoginnen und Pädagogen, die sich trauen, diesen Schritt zu gehen.